Anerkennung seiner langjährigen Dienste zeichnete König Wilhelm ihn im Sommer 1839 mit dem Orden der württembergischen Krone aus.
Diesen Orden hatte zwei Jahre zuvor bereits Heinrichs Bruder Johann Christian Friederich erhalten.
Seine Militärzeit blieb für Heinrich von Vossler auch nach 1814 eine prägende Phase seines Lebens. Dies zeigt sich am augenfälligsten daran, dass er in den Jahren 1828/29 auf der Grundlage von Aufzeichnungen, die er im Feld erstellt hatte, seine Erinnerungen an die Feldzüge der Jahre 1812 und 1813 sowie an seine anschließende Kriegsgefangenschaft in Russland niederschrieb. Vosslers Memoiren zählen zu den früh entstandenen Erinnerungswerken württembergischer Feldzugsteilnehmer der napoleonischen Zeit. Heinrich von Vossler war auch in württembergische Veteranenkreise integriert: Bei den Gedenkfeiern der Veteranen des Russlandfeldzugs, die am 23. Mai 1830 und am 6. November 1837 stattfanden, ist er jeweils unter den Anwesenden registriert.
Er blieb jedoch während dieser Feierlichkeiten im Hintergrund, trat auch sonst — soweit erkennbar — in den Vereinigungen der Veteranen nicht hervor.
Seit dem 7. August 1821 war Heinrich von Vossler mit Charlotte Friedericke, geb. Kinzelbach (1803—1879) verheiratet.
Die Ehefrau des Veteranen — es handelte sich um seine Cousine — stammte aus einer Stuttgarter Handwerkerfamilie; ihr Vater wirkte gleichzeitig als Stadtrat.
Das Ehepaar Vossler hatte fünf Kinder, drei Söhne und zwei Töchter, die zwischen 1825 und 1835 geboren wurden.
Heinrich von Vossler bekleidete die Stelle des Kameralverwalters in Herrenberg bis zum Revolutionsjahr 1848. Im Frühjahr dieses Jahres erkrankte er schwer und musste seine Amtsgeschäfte einem Vertreter übertragen. Noch bevor ein Antrag auf Pensionierung eingereicht werden konnte, starb Heinrich von Vossler am 20. September 1848 im Alter von knapp 57 Jahren an „Schleimfieber“.
6. Tagebuch und Kriegserinnerungen von Heinrich von Vossler
Die Aufzeichnungen, die Heinrich von Vossler bei seinem Tod hinterließ, stellen in verschiedener Hinsicht überaus interessante historische Quellen dar. Vossler ist einer der wenigen Soldaten, in dessen Nachlass sich außer Kriegserinnerungen auch die Notizen erhalten haben, die im Feld bzw. in der russischen Kriegsgefangenschaft entstanden sind. Das Originaltagebuch des Tuttlingers ist zwar verloren, doch eine in den Jahren 1828/29 angefertigte Abschrift ist als authentisch einzustufen. Die Überlieferung sowohl des Tagebuchs als auch der Kriegserinnerungen Vosslers ermöglicht, Einblick in den Entstehungsprozess der Memoiren zu nehmen. Außer von Vossler sind lediglich von einem weiteren württembergischen Teilnehmer an den Feldzügen der Jahre 1812 und 1813, dem späteren Generalmajor Leo Ignaz von Stadlinger, Originalaufzeichnungen aus dem Feld erhalten.
Zudem liegt von Christian Wilhelm von Faber du Faur ein Skizzenbuch aus dem Jahr 1812 vor, das mit den ab 1827 entstandenen, inzwischen weltbekannten Zeichnungen und Aquarellen verglichen werden kann.
Die württembergische Quellenlage, die durch wenige originale Selbstzeugnisse aus der napoleonischen Epoche charakterisiert ist, ist keinesfalls als untypisch zu bewerten. Julia Murken musste etwa in ihrer vor einigen Jahren erschienenen Arbeit über die Kriegserfahrungen bayerischer Teilnehmer am Russlandfeldzug Napoleons konstatieren, dass überhaupt keine Tagebücher überliefert sind, die mit Sicherheit in das Jahr 1812 zu datieren sind.
Als Heinrich von Vossler in den ausgehenden 1820er-Jahren mit der Niederschrift seiner Kriegsmemoiren begann, stützte er sich auf seine älteren Aufzeichnungen. Er verfugte damit über ein zuverlässiges Datengerüst. Doch aus welchen sonstigen Quellen speisten sich die Erinnerungen Vosslers, die immerhin den vierfachen Umfang des Tagebuchs aufweisen? Es ist zu vermuten, dass der Tuttlinger Veteran seine Memoiren vor allem aus der persönlichen Erinnerung schrieb. Das gilt vor allem für diejenigen Textpassagen, die sein eigenes Schicksal zum Gegenstand haben. Inwieweit Vossler Kontakte zu anderen Feldzugsteilnehmern ausnützte, um seine Erinnerung aufzufrischen, muss offenbleiben.
Anzunehmen ist, dass Vossler bei der Niederschrift seiner Memoiren Publikationen zu Rate zog. Eine Regimentsgeschichte des Kavallerie-Regiments Nr. 3 Jäger Herzog Louis lag im Jahr 1828 noch nicht vor. Sie wurde erst 1861 veröffentlicht, also nach dem Tod Vosslers. Hingegen standen dem ehemaligen Offizier aus Tuttlingen zwei in den Jahren 1820 und 1822 publizierte Darstellungen zur Militärgeschichte der napoleonischen Zeit zur Verfügung, die aus der Feder von schwäbischen Autoren stammten: Ein zweibändiges Werk über die Feldzüge der Württemberger während der Regierungszeit König Friedrichs von Rössler sowie die Schilderung des Krieges von 1812 durch den späteren württembergischen Kriegsminister Moriz von Miller.
Es ist zu vermuten, dass Vossler diese Werke kannte. Rösslers Darstellung bot unter anderem eine konzise Zusammenfassung des Einsatzes des württembergischen Armeekorps in den Feldzügen der Jahre 1812 und 1813. Im Abschnitt über das Jahr 1812 wurde das aus dem Korps Marschall Neys ausgegliederte und dem französischen Reservekavalleriekorps zugeordnete Kavallerie-Regiment Nr. 3 Jäger Herzog Louis in einem eigenen Abschnitt behandelt.
Das Werk Moriz von Millers hatte im Unterschied zum Buch Rösslers den Anspruch, den napoleonischen Feldzug des Jahres 1812 kriegsgeschichtlich zu analysieren. Das Schicksal der württembergischen Truppen wird zwar dargestellt, steht jedoch nicht im Zentrum der Ausführungen. Millers Publikation war also bestens dazu geeignet, die Aktionen der „Louisjäger“ im allgemeinen Kriegsgeschehen zu verorten. Neben den Büchern der Schwaben Rössler und Miller dürfte Vossler weitere kriegsgeschichtliche Darstellungen über die Feldzüge Napoleons in den Jahren 1812 und 1813 rezipiert haben. Zu vermuten ist etwa eine Kenntnis der einflussreichen Schilderung von Philippe-Paul Comte de Ségur (1780—1873).
Dieses Buch, 1824 erstmals erschienen, war bereits im folgenden Jahr vom schwäbischen Verleger Johann Friedrich Cotta in deutscher Sprache herausgegeben worden.
Als Übersetzer aus dem Französischen fungierte der in württembergischen Diensten stehende General Joseph Apollinaris Honoratus von Theobald.
Kann die Lektüre historiografischer Darstellungen durch Vossler als sehr wahrscheinlich gelten, so lässt sich nur schwer bestimmen, inwieweit der ehemalige württembergische Offizier auch Erinnerungswerke von Soldaten gekannt hat, die 1812 oder 1813 in der französischen Grande Armée gekämpft hatten. Die wenigen, vor 1828 bzw. 1829 entstandenen Memoirenwerke württembergischer Veteranen haben seinen Text — wenn überhaupt — nur in geringem Maße beeinflusst: Der 1817 veröffentlichte Bericht des Arztes Carl von Dillenius konzentrierte sich auf die Erörterung medizinischer Themen; diese Thematik spielt bei Vossler keine zentrale Rolle.
Vergleichsweise wenige Berührungspunkte hat der Text des Tuttlingers auch mit den von Ludwig von Schlaich 1819 in literarischer Form dargebotenen Kriegserinnerungen: Sie konnten Vossler stilistisch kein Vorbild bieten, zudem unterschieden sich Schlaichs konkrete Kriegserfahrungen erheblich von denjenigen Vosslers, da er im Korps Neys, nicht im Reservekavalleriekorps unter Murat gedient hatte.
Dem württembergischen Infanterie-Regiment Nr. 2 Herzog Wilhelm hatte Christoph Ludwig von Yelin angehört, der 1817 Erinnerungen an den Feldzug von 1812 publizierte.
Yelin, ein scharfer Napoleonkritiker, stellte im Unterschied zu Vossler in einseitiger Weise die Leiden des Rückzugs und der Kriegsgefangenschaft in den Mittelpunkt seines Berichts. Ludwig Friedrich von Stockmayer, der vierte Feldzugsteilnehmer, der bereits vor 1828 seine Memoiren niedergeschrieben hatte, hat seinen Text der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht.
Es kann als ausgeschlossen gelten, dass Vossler die Aufzeichnungen Stockmayers kannte, die erst Jahrzehnte nach dem Tod des Autors publiziert werden sollten.