Книга На войне под наполеоновским орлом. Дневник (1812-1814) и мемуары (1828-1829) вюртембергского обер-лейтенанта Генриха фон Фосслера, страница 95. Автор книги Генрих Август Фон Фосслер

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Cтраница 95

Am 19.ten Vormittags wurden endlich die vorhandenen Gefangenen rückwärts transportirt. Meine Unglücksgefährten waren ein Capitän Fischer vom Stabe des Generals Bertrand, und einige hundert Soldaten, Franzosen, Deutsche, Italiener, zum Theil im elendsten Aufzuge, und halb nackt. Auch wurde uns zu unserem grosen Leidwesen Herr Laudon zugestellt. Unsere Escorte bestand aus einem donischen Kosakenlieutenant170 mit seinem Unterofficier , 1. Baschkirenlieutenant und 20. Baschkiren. Die gefangenen Officiere erhielten Wägen, die Unteroffiziere und Soldaten gingen zu Fuß. Am ersten Tage erreichten wir die Stadt Görlitz, in deren Nähe wir bivouacquirten. Tags darauf stiessen neben mehreren Soldaten der Lieutenant Colliva und der SousLieutenant Rompani vom ersten italienischen Linieninfanterie-Regiment zu uns. Ueber Lauban, Naumburg und Bunzlau kamen wir // S. 128// am 21. ten May in Schlesien an. Den ganzen folgenden Tag über, wo wir rasteten, ward eine starke Canonade gehört, die gegen Abend immer näher kam, und uns darum erfreute, unsere Escorte aber mit Unruhe erfüllte. Am nächsten Tage vernahmen wir, daß die Russen und Preussen eine Schlacht verloren hätten, und in vollem Rückzuge nach der Oder begriffen seyen; den 24. wurden wir von den fliehenden Bagagewägen erreicht, und während des ganzen Marsches von den Schmähungen und theilweisen Thätlichkeiten der rohen Trainknechte verfolgt. Bey Steinau setzten wir über die Oder, und gelangten über Winzig, Trachenberg und Suhlau am 26. nach Militsch, dem lezten schlesischen Städtchen, wo wir abermals einen Ruhetag machten.

Vom 20. May an wurden die Officiere über Nacht in Häuser einquartiert, und die Soldaten in Ställe oder Scheunen eingesperrt. Gewöhnlich bestand unsere Wohnung aus 1. Zimmer mit Strohlager, und ein Baschkire legte sich innerhalb quer vor die Thüre, während einer anderer ausserhalb derselben auf gleiche Art sich postirte. Ueberall wurden wir in den Quartieren verköstigt, jedoch nur in so weit, als der gute Wille des Hauseigenthümers reichte. In den Quartieren angekommen, war es uns nicht mehr gestattet, auszugehen, und während des Marsches durfte keiner seinen Wagen verlasssen. Erst an Schlesiens Grenze und in Militsch zum erstenmale ward uns vergönnt, in den Orten, wo wir einquartiert wurden, in Begleitung von Baschkiren herumzugehen. Die Soldaten wurden, wenn sie ermüdet waren, oder die Nothdurft // S. 129// verrichten mußten, durch Schläge und Stöße der Truppe nachgetrieben. Als sie ihre Schuhe oder Stiefeln durchgetreten hatten, giengen sie baarfuß und bald war bey der ganzen Truppe kein Schuh, kein Stiefel mehr zu sehen. Auch die Unreinigkeit nahm bey ihr bald so sehr überhand, daß das Ungeziefer sie halb tödtete, und von dem ganzen Transport giengen die meisten unterwegs aus Mangel an Nahrung und Kleidung, so wie durch die Strapatzen des Marsches zu Grunde.

Das Land war bis über Görlitz hinaus durch den Krieg verheert. Görlitz ist eine wohlbevölkerte, lebhafte Stadt, und ihre Lage sehr angenehm. Lauban und die folgenden schlesischen Städtchen sind mehr oder weniger gut gebaut, das Land ist fruchtbar, mehr eben als bergigt , gegen die Oder hin und jenseits sandigt176. Die Dörfer sind reinlich und wohlhabend. Gegen die polnische Grenze zu vermehrt sich der Sand, und Städte und Dörfer gewähren einen minder freundlichen Anblick. In Militsch, einem Städtchen, das dem Grafen v[on] Malzahn gehört, befindet sich neben einem schönen Schloße ein ausgezeichnet schöner Garten.

Die Bewohner der Lausitz zeigten uns wenige Theilnahme, sie waren mit ihrer eigenen Noth zu sehr beschäftigt. In Bautzen bezeugten uns einige Personen ihr Bedauren über die Schmähungen, die wir von preussischen Gardesoldaten zu erdulden hatten. Die Schlesier fand ich, wie ich erwartet hatte, höchlich aufgebracht gegen die Franzosen und ihre Allirten. Sorgfältig verbarg ich, daß ich // S. 130// ein Württemberger sey und lieber wollte ich mich für einen Franzosen ansehen lassen. Oft brach der Haß der Einwohner in die gröbsten Verwünschungen gegen uns aus, und einmal sah ich einen Mann, der dem gebildeten Stande angehörte, wie er sich nicht entblödete, seine Wuth durch Thätlichkeiten an den armen Gefangenen auszulassen. Unsere Escorte diente uns mehreremale wirklich zu unserer eigenen177 Sicherheit. Am 28. May setzten wir unsern Marsch fort, und betraten nach wenigen Stunden das Herzogthum Warschau. In der Nähe von Kalish hatten wir abermals einen Rasttag. Ueber Turek, Klodawa und Dumbrowicz kamen wir am 12. Juni in Plock an der Weichsel an, über Plonsk, Nowe Miasto, Pultusk, Rozan, Lomza, Tykoczyn und Kiniszin, das erste russisch-polnische Städtchen, gelangten wir am 5. Juli nach Bialystok und erreichten am 12. desselben Monats Grodno am Niemen.

Die Zahl meiner Unglücksgefährten hatte vom 28. May bis 12. Juli verschiedene Veränderungen erlitten. Von den Unteroffizieren und Soldaten waren unterwegs mehrere gestorben, andere als krank in Spitälern zurückgeblieben, in einigen Städtchen wurden dem Transport Reconvalescirte zugetheilt. Aus der Zahl der Officiere war der Capitän Fischer am 3. Juni Abends in Czatowpansky mit unserm Vor wissen entflohen, und am 2. Juli waren in Tykoczym die Lieutenants Colliva und Rompani seinem Beispiele gefolgt. Von den beiden letzteren hörte ich nie wieder, den ersteren aber traf ich 10. Jahre später in Stuttgart, wo er sich // S. 131// einige Tage aufhielt. Nach der Flucht dieser dreye war ich allein mit dem widrigen sogenannten Adjutant Major oder Capitaine Laudon, der mich durch Weinen und Lachen, Bitten und Drohen, zum Uebertritt in die deutsche Legion zu bewegen suchte, der öfters Anfälle von Verrücktheit zeigte, und bald thätliche Angriffe auf mich machte, bald, wenn ich sie ernst und kräftig zurückgewiesen hatte, mein Mitleiden über seine Lage anflehte. Schon die Flucht Fischers hatte unsern Kosackenlieutenant aufgebracht, und noch in höherem Grade war dieß der Fall bey Colliva und Rompani, indessen war er auch dießmal bald wieder

besänftigt. In Bialystok ward er aber, wie er vorausgesagt hatte, dieser Vorfälle wegen, zu unserm grosen Leidwesen seines Commandos entsetzt, und dieses einem Lieutenant des vierten Infanterie-Regiments übertragen. Der brave Kosake nannte sich Elia Wasiliewicz, sein Familienname ist mir entfallen.

Ausser unserem Transport zog noch ein anderer mit uns die gleiche Straße, bey dem die Zahl der Officiere gröser war, und aus Franzosen, und Italienern bestand. Mehreremale traf es sich, daß wir im nemlichen Orte unser Nachtquartier hatten, und da verfehlten wir dann nicht, einander zu besuchen, und einerseits178 durch wechselseitige Klagen uns unser Unglück fühlbarer zu machen, andererseits aber auch uns durch Gespräche zu erheitern. Oefters versuchten wir, unsere Transportcommandanten zur Vereinigung ihrer Transporte zu // S. 132// bewegen, aber unsere Bemühungen scheiterten am Interesse derselben. Bey dem zweiten Transporte traf ich den Herzog v[on]Mirelli, der mir erzählte, daß er durch einige Lanzenstiche verwundet, am Tage unserer unglücklichen Recognoscirung gefangen genommen worden sey; Ein anderer Officier bey diesem Transporte war der Baron v[on] Montaran, Stallmeister des französischen Kaisers, in der Gegend von Gotha in Gefangenschaft gerathen, ein Pariser, den sein Loos besonders hart drückte, übrigens ein Mann von sehr gutem Character. Später kam ich noch oft mit ihm zusammen, und in Czernigow erwies er mir viele Artigkeiten. Ein dritter Officier war der Lieutenant Pechin vom 23.ten Regiment, ein junger Mensch, der sich durch seine unvertilgbare Heiterkeit bey allen beliebt gemacht hatte. In Bialystok trafen wir mehrere sächsische Officiere, die schon auf dem Rückzuge aus Rußland gefangen worden, und seit Kurzem aus dem Innern Rußlands hier angekommen waren, um, sobald sich Sachsen für die Sache Rußlands erklären würde, in ihr Vaterland zurückgeschickt zu werden. Mit vieler Bereitwilligkeit theilten sie uns ihre Schicksale mit, und gaben uns dadurch einen Begriff von dem, was uns bevorstand. Wenn diese Mittheilungen nicht sehr tröstlich waren, so vermehrten sie wenigstens unsere Besorgnisse nicht, vielmehr führten sie uns zur Ueberzeugung, daß unser Loos desto erträglicher werde, je weiter wir uns von dem Kriegsschauplätze // S. 133// des Jahres 1812. entfernen würden. Einer dieser Sachsen, der Stabschirurgus Hettermann, gab mir ein Empfehlungs-Schreiben an den Gouvernements-Medicinalraht, Dr. Schmidt in Minsk mit, das mir nachher von vielem Nutzen war, und mich zum grösten Danke gegen beide verpflichtete.

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